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Good2go: Die Sex-App für "klare Verhältnisse"

Good2go: Die Sex-App für "klare Verhältnisse"
© Stulberg/Corbis
Eine neue Sex-App soll sicherstellen, dass alle Beteiligten freiwillig miteinander ins Bett gehen. Eine dumme Idee, die eine Vergewaltigung nur noch schlimmer macht.

Das verstehen wir nicht: Einvernehmlicher Sex, von einer App bestätigt

Liebe Entwickler der "Good2Go"-App,

wir verstehen ja, dass es nicht leicht ist, in den überfüllten App-Stores noch mit einem originellen Produkt aufzufallen. Aber euer Vorschlag, eine Art "Sex-Vertrag" als App anzubieten, ist nicht nur hirnverbrannt, sondern gefährlich.

Was macht eure App? Wenn Mann und Frau sich begegnen - auf einer Party oder in einer Bar - , können sie per App festlegen, ob Sex erwünscht ist. An diesem Punkt könnten wir eigentlich schon abbrechen und sagen: "Hey, wenn du dir unsicher bist, ob ich gerade freiwillig mit dir schlafe, brauchst du keine App, sondern eher eine Sexualstraftäter-Therapie."

"Nein, nein", sagt ihr Entwickler, während ihr einen Moment ganz ernsthaft eure Bierdose abstellt und euren Polohemd-Kragen forsch nach oben klappt (also, in meiner Vorstellung). "Es geht ja um HINTERHER."

Aahhh...stimmt! Die vielen hinterlistigen Frauen, die einfach HINTERHER behaupten, dass sie gar keinen Sex wollten, und sogar mit dem bösen Wort "Vergewaltigung" um sich werfen. Vor denen wollt ihr die Welt ein Stück sicherer machen? Klar, im Imagefilm verkauft ihr das natürlich viel knuddeliger, und vor allem ist ja alles nur im besten Interesse der Frauen:

Hmm, schon schwierig, so eine Party. Einerseits wisst ihr selbst, dass "No means no" eine klare Ansage ist. Aber andererseits kann es schon mal schwierig werden, so beim Feiern die Grenze zwischen One-Night-Stand und Vergewaltigung zu erkennen (also, laut eurem Video ist das schwierig - Nicht-Soziopathen kriegen das eigentlich ganz gut hin). Schön auch, dass ihr im Clip bei der Erklärung von "unfreiwillig" groß einen Becher im Bild habt - eine Anspielung auf K.O.-Tropfen im Getränk? Kann eure App dagegen auch helfen, oder war das einfach eure erste Assoziation zu "Sex" und "Party"?

Leider habe ich schlechte Nachrichten: Eure App bringt nichts. Jeder Mensch hat das Recht, Sex abzulehnen, wann und wie er/sie will. Ob man davor einen Haken in App-Nutzungsbedingungen gesetzt hat oder nicht, ist piepegal: "No means no", das habt ihr selbst erkannt. Daher wird eure App auch keine Zweifelsfälle klären können, sondern bestenfalls euren Partygästen ein falsches Gefühl von "Sie hat geklickt, jetzt darf ich mir alles erlauben!" vermitteln.

Also, in der Theorie. In der Praxis ist eure App zum Glück dermaßen unsexy, dass man sie höchstens als Verhütungsmittel taugt. Selbst in eurem Video dauert es knapp drei Minuten, bis sich die Beischlafpartner durch die Untermenüs geklickt haben - es gibt Eheverträge, die schneller geregelt sind. Ich fürchte, eure Geschäftsidee wird wohl eher nicht das Facebook der Sex-AGB werden.

Falls ihr jetzt eine neue Idee sucht: In Österreich gibt es eine ziemlich gute App, die von Gewalt bedrohten Frauen sofort Hilfe verschafft. Nicht ganz eure Komfortzone, aber manchmal muss man auch mal "Ja" sagen, wenn der Kopf "Nein" denkt - zumindest eurer Logik nach.

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