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Richlove Rockson "Es fehlt aufrichtiges Interesse an Plus Size Frauen!"

Richlove Rockson: “Es fehlt aufrichtiges Interesse an Plus Size Frauen!“
© Nona van de Peer / Brigitte
Die junge Studentin begeistert mittlerweile 50 Tausend Follower:innen mit ihren Looks auf Instagram und inspiriert Mehrgewichtige dazu, aus sich rauszukommen. Im Interview spricht Richlove Rockson über Selbstakzeptanz und verrät Tipps für‘s Shoppen als Plus Size Frau.

Im Shoppingrevier der Schnäppchenjäger:innen hat sich eine Sache noch nicht ganz so sehr weiterentwickelt, wie man denkt: die Größen-Diversität. Wer bei spätestens Konfektionsgröße 44 nicht reinpasst, wird nicht seltend kopfschüttelnd von vorwurfsvollen Blicken verfolgt. „Spontan für die Party am Wochenende ein Outfit in der Stadt shoppen? Kann ich vergessen!“, so Influencerin Richlove Rockson. Ähnlich wie Rockson geht es auch anderen Plus Size Personen. Während die Modewelt von Begriffen wie „Diversität“ und „Inklusivität“ zumindest online nicht ablassen will, findet sich im gängigen Einzelhandel weiterhin das Gegenteil davon. 

Richlove Rockson: “Es fehlt aufrichtiges Interesse an Plus Size Frauen!“
© Nona van de Peer / Brigitte

BRIGITTE: Team Body Positivity oder Body Neutrality?
Richlove Rockson:
Beides ist wichtig: Body Neutrality, um den Körper zu akzeptieren und seine Leistung zu respektieren. Body Positivity, weil ich dem, was der Norm nicht entspricht, umso mehr Liebe schenken möchte. Persönlich tendiere ich eher zu Letzterem.

Wenn wir gewissen Beauty Standards nicht entsprechen, überkommt vielen manchmal das Gefühl, sich verstecken zu wollen oder müssen. Wie hast du das Selbstbewusstsein dafür aufgebaut, dich so zu entfalten, wie du es möchtest?
Selbstakzeptanz ist ein Prozess. So wie Selbstbewusstsein erkämpfen wir es uns Tag für Tag, indem wir kleine Schritte gehen, vor allem als Schwarze Plus Size Frau in einer weißen Mehrheitsgesellschaft. Je älter ich werde, desto mehr verstehe ich, dass ich nicht alle zufriedenstellen kann, will und muss. Es geht allein darum, was ich schön finde. Bis vor Kurzem habe ich mich beispielsweise noch nicht getraut, meine Oberarme zu zeigen. Jetzt habe ich kein Problem mehr damit.

Davon merkt man auf deinem Instagram nichts!
Instagram war bisschen wie Therapie für mich. Anfänglich habe ich viele Looks nur für mich selbst für Fotos getragen. Das hat mir schon sehr dabei geholfen meine Komfortzone zu verlassen und aus mir rauszukommen. Dann kam der Zeitpunkt, an denen ich auch mal bauchfreie Tops getragen habe, als ich mit Freunden unterwegs war. Ich musste erst mal verstehen, dass Looks an mir anders aussehen. Das macht es aber nicht gleich schlechter!

Dass es ein Prozess ist, bedeutet, dass du auch schlechte Tage erlebst. Wie gehst du damit um?
Klar, ich habe auch Zweifel. Die hat jede Frau hin und wieder. Mit der Frage „Warum hast du diese Gedanken?“, versuche ich so weit es geht zum Ursprung zu kommen. In zwischenmenschlichen Beziehungen wird man oft feststellen, dass viele verletzende Dinge nichts mit einem persönlich zu tun haben.

Zweifel, die sich auch durch wenig medialer Repräsentation aufkommen?
Ja.

Was fehlt dir im deutschen Diskurs für mehr Sichtbarkeit?
Es fehlt aufrichtiges Interesse an Plus Size Frauen. Statistisch gesehen ist in Deutschland die durchschnittliche Konfektionsgröße 42/44. Viele Labels scheinen das außer Acht zu lassen und sich nur performativ damit auseinanderzusetzen, weil es gerade „Trend“ ist. Was noch fehlt, ist die visuelle Sichtbarkeit. Wenn ich beim Onlineshopping über Curvy Models stolpere, die für Plus Size Kollektionen eingesetzt werden, frage ich mich manchmal: Wenn du mit Größe 46 Plus Size bist, was soll dann ich bitte sein? Es werden auch noch lange nicht genügend Typen von Curvy und Plus Size Frauen repräsentiert. Oft sehen wir dann doch nur Sanduhrfiguren mit flachem Bauch. Und das ist keine Diversity.

Die Konfektionsgröße 42-44 entspricht XL-XXL. In den gängigen Einkaufsläden ist meist bei XL Schluss. Welche Tipps hast du für frustloses Shoppen?
Der erste Schritt ist: Geh nicht in die Läden rein! Das wird dich komplett runterziehen. Auf Plattformen wie Asos oder Zalando hat man direkt mehrere Labels und kann bei den Filtern die gewünschte Größe einstellen. Das spart auf jeden Fall Zeit und Nerven. Bei Jeanshosen nicht zu 100 Prozent Baumwolle greifen, sondern darauf achten, dass es einen Stretchanteil gibt. Am besten sucht man Online auch nach Plus Size Brands. Die wissen schon genau, welche Stoffe und Schnitte sitzen. Wer Looks nachstylen möchte, muss sich darauf einstellen, online nach Alternativen zu suchen.

Mode ist nicht nur ein Mittel, um sich auszudrücken, sondern schenkt auch Selbstbewusstsein. Was macht das mit einem, wenn dieses Werkzeug nicht für alle zugänglich ist?
Das ist manchmal entmutigend. Du willst dich entfalten, aber es geht nicht, weil dieses Mittel so begrenzt ist. Ich würde zum Beispiel auch gerne etwas in Richtung High Fashion machen. Aber ich muss halt mit dem arbeiten, was ich habe und kriege.

Brigitte

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