Die gute Nachricht zuerst
Wo bio draufsteht, ist auch bio drin – auch bei Discountern. Der Begriff ist geschützt und garantiert Kontrollen. Aber: Die Discounterprodukte tragen oft "nur" das EU-Biosiegel. Für dieses müssen die Mindeststandards der EU-Öko-Verordnung erfüllt werden – und die sind eben nicht so streng wie die deutschen Bioverbände Bioland, Naturland oder Demeter. Um als Betrieb ein EU-Siegel zu bekommen, reicht es etwa, wenn dort nur ein Teil der Produkte bio produziert wird, ein anderer Teil aber konventionell. Das erschwere die Kontrolle, sagt Gottfried May-Stürmer vom BUND im Interview mit dem SWR Marktcheck: "Wenn beispielsweise ein Kanister mit Pestizid gefunden wird oder ein Sack mit Kunstdünger, dann kann der Bauer immer sagen: Das gehört zum konventionellen Betriebsteil. Es ist fast unmöglich, das zu kontrollieren." Trotzdem: "Ein EU-Bio-siegel ist besser als kein EU-Biosiegel", so Katja Tölle vom Magazin "Ökotest".
Zwar ist Discounter-Bio auch bio. Aber deren Richtlinien sind nicht ganz so streng.
Grüne Lebensmittel für alle?
Immer mehr bio bei Penny & Co. trägt dazu bei, dass sich immer mehr Leute bio leisten können. Mit 71 Prozent landen Discounter auf Platz zwei der Verkaufsstätten für Bioprodukte. Dieses Zugänglichmachen ergibt sowohl sozial als auch ökologisch sehr viel Sinn: "Je mehr Menschen in ihrem Einkauf auf bio umstellen, desto mehr Betriebe können biologisch wirtschaften – am Ende ein Gewinn für alle", sagt Jan Plagge von Bioland. Und auch Katja Tölle von "Ökotest" findet: "Jeder Hektar ohne chemische Pestizide und Kunstdünger zählt."
Bio wird massentauglich. Das verändert die Landwirtschaft wortwörtlich nachhaltig.
Günstig, ja. Aber auch gut?
Warum sind Discounter-Biosachen günstiger als die im Naturkostladen? Na, weil die EU-Bio-Verordnung gewisse Spielräume ermöglicht: Statt teurere Produkte von deutschen Bauernhöfen anzubieten, kann auf günstigere von Biobauern aus der EU wie zum Beispiel aus Spanien zurückgegriffen werden. Der Nachteil ist aber: längere Transportwege und somit mehr CO2. Außerdem verkaufen Discounter eher wenig Bioprodukte. Die Deckung der Kosten ist also für sie nicht so hoch wie für einen Biomarkt, der mehrere Tausend Biosachen in seinen Regalen stehen hat. Hinzu kommt die ausgefeilte Logistik mit einem riesigen Filialnetz: Hier können Aldi, Penny, Lidl & Co. die Biosachen mit kleinem Preis, aber in sehr großer Menge anbieten. Sofort stellt sich hier bei vielen die Frage: Sind preiswerte Biosachen denn qualitativ schlechter? Nein, sagt Katja Tölle von "Ökotest": "Pestizidrückstände in Biolebensmitteln etwa finden wir sowieso nur in sehr seltenen Ausnahmen, und auch da spielt es keine Rolle, ob die Produkte aus dem Discounter stammen oder nicht."
Die Qualität von Discounter-Bio ist hoch, der Preis niedriger.
Greenwashing-Alert
Auch beim Discounter kann man Produkte finden, die bei den deutschen Bioverbänden strengere Zertifizierungen durchlaufen. So stehen etwa bei Lidl rund 100 Bioland-Produkte in den Regalen. Und bei Aldi sollen 2023 mehr und mehr Naturland-zertifizierte Produkte einziehen. Einerseits super! Andererseits muss uns allen bewusst sein, dass es in den Regalen auch weiterhin und verhältnismäßig immer noch mehr konventionelle Produkte und auch weniger strenge EU-Bioprodukte geben wird. Zwar ist auch EU-bio besser als gar kein bio, nur machte der Naturkostfachhandel vor einiger Zeit darauf aufmerksam, dass sich die Discounter auch gern mit den grünen Siegeln schmücken. Würden sie wirklich nachhaltig handeln wollen, so würden sie in allen Sortimenten höhere Preise zahlen, sodass alle Landwirte nachhaltiger arbeiten könnten.
Zwar kooperieren die Ketten immer mehr mit strengen Biolabels, die Supermärkte schmücken sich damit aber zu sehr.
Discounter-Bio: Nicht alles grün, was glänzt?
Manche Discounter werden wegen ihrer harschen Einkaufs- und Preispolitik kritisiert – etwa, weil sie ihre Bezugsquellen abrupt wechseln oder die Preise drücken. Wohl alles Gründe dafür, warum der Bioverband Naturland lange eine Koop mit Discountern ausschloss. Auch bei Bioland und Lidl klappte es nicht sofort. Fast zwei Jahre lang wurden Gespräche geführt. "Wir wollten sichergehen, dass unsere Bedingungen, Werte und Prinzipien erfüllt werden", so Jan Plagge von Bioland. Bei Lidl wurden zum Beispiel Fair-Play-Regeln festgelegt und eine Beschwerde- und Schlichtungsstelle eingerichtet. "So wird ein maximaler Schutz der Lieferanten erreicht", sagt Jan Plagge. Und er betont, dass die Lieferbeziehungen langfristig und fair ausgelegt sind. Immerhin: Die Lidl-Schlichtungsstelle soll noch nicht einmal zum Einsatz gekommen sein. Das macht Hoffnung!
Die Einkaufs- und Preispolitik von Discountern wird zwar bemängelt, dennoch gibt es immer mehr Kooperationen.