Hitzewallungen, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen – für viele Frauen sind das deutliche Zeichen dafür, dass ihr Körper weniger Hormone produziert. Doch nicht immer sind deswegen Medikamente nötig. "Leichte Beschwerden in den Wechseljahren lassen sich durch eine Veränderung des Lebensstils beheben. Dazu gehört viel Bewegung, ebenso wie eine gesunde Ernährung", sagt Professor Ingrid Gerhard aus Heidelberg.
Auch ihr persönlich hätte das gut geholfen. Die Fachärztin für Frauenheilkunde, Naturheilverfahren und Umweltmedizin empfiehlt: "Viel Obst, Gemüse und Vollkorngetreide, wenig Fleisch und tierische Produkte, besser eine vegetarische Ernährung als Mischkost. Vegetarierinnen haben nur selten Wechseljahrsbeschwerden."
Vorsicht bei Rohkost
Problematisch könnte dabei Rohkost werden. Sinkt der Östrogenspiegel, wird der Darm empfindlicher, viele Frauen vertragen Müsli und Ungegartes nicht mehr so gut. Die Alternative sind Getreidebreis und schonend gedämpftes oder einige Minuten blanchiertes Obst und Gemüse. Oft bereiten auch nur einige Arten wie Kohl Probleme, während "milde" Sorten wie Möhren und Fenchel roh gegessen werden können.
Wichtig in jedem Fall, so Ingrid Gerhard: "Die Ernährung sollte mit Pflanzenhormonen angereichert werden." Die bekanntesten dieser "Phytohormone" sind die Isoflavone, die in Sojabohnen und Sojaprodukten wie Tofu stecken, und die Lignane, die vor allem in Leinsamen, aber auch in Hülsenfrüchten, Getreide, Gemüse (z. B. Brokkoli, Blumenkohl, Zwiebeln, Möhren) und Obst (z. B. Äpfel, Beeren, Birnen, Granatäpfel) zu finden sind. Ob sich Beschwerden durch den Verzehr von Phytohormonen immer lindern lassen, ist wissenschaftlich nicht belegt. Zwar leiden Asiatinnen, die ihr Leben lang viel Soja essen, kaum unter den Wechseljahren.
Ist Soja wirklich sinnvoll?
Kritiker bezweifeln jedoch, dass westeuropäische Frauen, die erst in späteren Jahren ihre Ernährung umstellen, ebenso davon profitieren. Schaden können Soja-Isoflavone aber nicht, wenn sie in natürlicher Form mit der Nahrung aufgenommen werden, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) festgestellt hat. Frauen, die auf Soja allergisch reagieren, sollten jedoch besser auf einheimische Pflanzenhormon-Quellen zurückgreifen: Linsen, Bohnen, Erbsen und Leinsamen, die nebenbei auch noch gesunde Ballaststoffe liefern.
"Ein Versuch lohnt sich immer", sagt Irmela Erckenbrecht, Ernährungsexpertin und Autorin des "Wechseljahre-Kochbuchs" ("Das Wechseljahre-Kochbuch" von Irmela Erckenbrecht, Pala-Verlag, 14 Euro). "Phytohormone können die typischen Hormonschwankungen in den Wechseljahren auffangen. Werden sie im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung regelmäßig gegessen, können sie die hormonelle Situation im Organismus positiv beeinflussen." Irmela Erckenbrechts persönlicher Tipp: fünf bis sieben Granatäpfel entkernen, zerkleinern und vier Wochen in 60-prozentigem Alkohol ziehen lassen, den Sud abseihen und ein- bis zweimal täglich 20 Tropfen nehmen.
Niedrige Energiedichte verhindert Übergewicht.
In den Wechseljahren verändert sich jedoch nicht nur die Hormonproduktion, sondern auch die Fettverteilung im Körper. Fett wird jetzt hauptsächlich im Bauchraum eingelagert. Hinzu kommt, dass bereits ab Mitte 20 der Energiebedarf kontinuierlich sinkt und die Muskelmasse durch fehlende Bewegung abnimmt. Eine 50-jährige Frau braucht täglich schon 400 Kalorien weniger als eine 25-jährige. Wer seine Ernährung nicht an den niedrigeren Grundumsatz anpasst, nimmt unweigerlich zu, Übergewicht droht. Alle, die ihr Gewicht halten wollen, sollten deshalb spätestens zu Beginn der Wechseljahre ihren Speisezettel entsprechend umstellen.
"Weniger Kalorien dürfen aber nicht dazu führen, dass Frauen weniger Nährstoffe zu sich nehmen", sagt Dr. Andrea Flemmer, Ernährungsexpertin und Biologin aus München. "Wichtig ist deshalb, Nahrungsmittel zu wählen, die eine niedrige Energiedichte, also wenig Kalorien pro Gramm, haben und den Magen füllen." Als Faustregel gilt: Je mehr Wasser und je weniger Fett ein Lebensmittel enthält, desto geringer ist seine Energiedichte. Optimal sind Gemüse, Salat und Obst, am besten aus Bioanbau, dann können die Schalen problemlos mitverzehrt werden.
Auch mageres Fleisch und dünnes Knäckebrot mit viel magerem Schinken als Brotbelag sind gut. Hartkäse wie Gouda hat dagegen eine hohe Energiedichte, enthält aber viel Kalzium, das für die Knochengesundheit wichtig ist. Fettarme Alternativen, auch bei Milch und anderen Milchprodukten, sind empfehlenswert. Wem die Umstellung zunächst schwerfällt, dem rät Andrea Flemmer: "Möglichst langsam essen und viel kauen. Suppen nicht pürieren, sondern stückig lassen. Das macht satter."
Gesunde Fette beugen Krankheiten vor.
Mehr pflanzliche, ballaststoffreiche Nahrungsmittel zu essen, das ist auch die wichtigste Empfehlung, um Krankheiten vorzubeugen, die mit zunehmendem Alter auftreten können. "Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes lassen sich, wie die Wissenschaft inzwischen weiß, durch eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung verhindern, sogar das Risiko für Krebs lässt sich senken", sagt Dr. Birgit-Christiane Zyriax, Ernährungswissenschaftlerin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. "Auch nach den Wechseljahren spielt das Gewicht eine große Rolle, beispielsweise bei der Entstehung von Brust-, Darm-, Nieren-, Bauchspeicheldrüsen- und Gebärmutterkrebs." Sie empfiehlt vor allem, den Fettkonsum insgesamt zu senken und möglichst wenig tierische gesättigte Fette (z. B. in Fleisch, Wurst, Butter) zu essen.
Wichtig dagegen sind Omega-3-Fettsäuren, die Herz und Arterien schützen. Sie stecken in Lachs und Makrelen, Oliven-, Raps- und Walnussöl. 65 Prozent davon enthält das aus Leinsamen gewonnene Leinöl – zusätzlich zu seinen wertvollen Pflanzenhormonen. Ein Teelöffel täglich über Salate, Gemüse, Kartoffeln oder Kräuterquark geträufelt hat deshalb doppelten Effekt. "Jede Frau muss ausprobieren, was ihr persönlich schmeckt", sagt Birgit-Christiane Zyriax. "Aber die Chance ist gut, über die Ernährung selbst etwas für sich zu tun."