Im Auto, unter der Dusche, nachts, vor allem nachts, rumort es: Ja? Nein? Oder doch? Das Haus auf Land mieten oder in der Stadt bleiben? Jetzt ein Kind kriegen und dafür die Karriere auf Eis legen? Die OP durchziehen oder doch lieber warten, ob der Bänderriss von selbst heilt? Emotionale Entscheidungen wie diese bringen uns in die schwierigsten Situationen des Lebens. Wir bringen kein klares "Ja", kein festes "Nein" zustande, weil die Angst vor negativen Konsequenzen zu übermächtig ist. Im Kopf laufen kleine bis große Katastrophenfilme ab, wir befürchten, genau das Falsche zu machen und uns dann ein Leben lang maßlos darüber zu ärgern. Also wägen wir ab, wälzen Fakten hin und her, nehmen alles auseinander, um möglichst rational und mit viel Verstand das Problem zu lösen und die richtige Entscheidung zu wählen. Der Liebsten, die Kinder, die Freunde: sind schwer genervt, weil es nur noch um das eine geht und wir sie – und uns selbst – mit der Entscheidungsmuffelei verrückt machen.
Kopf und Bauch sind wichtig, um die richtige Entscheidung zu treffen
Also los! Seien wir mutig und hören mal nicht mehr nur auf Fakten, Fakten, Fakten, sondern: auf den Bauch, auch wenn sich das nur die wenigsten trauen (sobald es über die morgendliche Pullover-Entscheidung oder die Wahl der Supermarkt-Kasse geht). Das Klischee, dass das nicht nur leichtfertig sei, sondern auch typisch weiblich, können wir getrost entsorgen. Nicht nur eine Studie der Uni Heidelberg zeigt, dass sich Männer genauso oft auf ihre Intuition verlassen wie Frauen. Immer mehr Forscher erklären sogar: Wer denken will, MUSS fühlen. Rund 90 Prozent aller Entscheidungen treffen wir ohnehin spontan. Wer das richtige tun will und die richtige Entscheidung treffen möchte, sollte dem Bauch also mehr zutrauen. Natürlich ohne den Kopf dabei komplett auszuschalten.
Doch wie bringt man nun bewusst Ordnung ins Entweder-Oder-Chaos und die eigene Meinung ans Tageslicht? Lassen Sie sich von diesen Strategien inspirieren:
Strategie Nr. 1: Die Liebe auf den ersten Blick Hunderte von Zeitungsanzeigen, Internetangebote und Maklergespräche haben Sie hinter sich – und schließlich die Wahl zwischen zwei wunderschönen Wohnungen. Die eine ist hell, hat einen kleinen Gemüsehändler im Haus und ist toll geschnitten, die andere liegt direkt am Wasser, ist aber etwas teurer. Und jetzt? Achten Sie auf das erste, undefinierte Gefühl (funktioniert auch im Rückblick): In welchem Wohnzimmer sehen Sie sich entspannter? Wie wirkt die Umgebung auf Sie? Und steckte im Erdgeschoss nicht eine seltsame Alte den Kopf aus dem Fenster? Oft liegt man mit einem ersten Blitzurteil goldrichtig. Völlig wahllos entsteht das nicht: Die praktische Lebenserfahrung, abgelegt in der Großhirnrinde, gleicht sich mit der Gefühlsebene im limbischen System ab. In Sekundenschnelle fragen beide zusammen unbewusst ab, erkennen wieder und schätzen ein: War so etwas in meinem Leben schon mal gut, erfolgreich, wiederholungswürdig?
Strategie Nr. 2: Der Fahndungs-Stopp Zwölf Jahre lang war er Ihnen treu und dann macht er mitten auf der Autobahn einfach schlapp. Es hilft nichts, ein neuer Wagen muss her. Lassen Sie sich nicht von der großen Auswahl abschrecken: Haben Sie die Grundbedürfnisse (Größe, Preis, Treibstoff, etc.) geklärt, sollten Sie sich nicht weiter mit einem Berg technischer Details belasten. Kaufen Sie das Auto stattdessen recht rasch innerhalb weniger Tage. Zu viele Informationen verwirren nur – und der Kopf hätte wieder viel zu viele Anhaltspunkte, um sich Ihr Hirn zu zermartert. Ähnliches gilt übrigens auch für die Liebe: US-Wissenschaftler fanden heraus, dass Partner in einer Beziehung glücklicher waren, wenn sie bei der Wahl auf ihr Herz gehört hatten, statt sich von rationalen Kriterien wie Einkommen oder Job leiten zu lassen.
Strategie Nr. 3: Die 5-5-5-Methode Nicht zum ersten Mal wird Ihnen nach einer Diskussion mit dem Mann Ihrer Träume bewusst: Er wird sich nie von seiner Frau und den Kindern trennen. Wie ein wackeliges Kartenhaus bricht Ihre Illusion von einem gemeinsamen Leben zusammen. Aber ganz ohne ihn wollen Sie auch nicht! Trotzdem muss jetzt irgendwas passieren. Machen Sie sich also bewusst, welche konkreten Folgen welches Handeln haben wird. Hilfreich dabei ist ein Blick in die Zukunft: Wie werden Sie sich fühlen – in fünf Stunden, in fünf Monaten, in fünf Jahren?
Strategie Nr. 4: Das Modell der besseren Alternative Ihr Telefon klingelt, auf dem Display erscheint eine unbekannte Nummer, am anderen Ende meldet sich ein Headhunter, der Sie abwerben möchte. Nach einigen Gesprächen mit dem potentiellen neuen Arbeitgeber wird klar: Das ist ein verlockendes Angebot, mit mehr Gehalt und mehr Verantwortung. Doch eigentlich sind Sie in Ihrem jetzigen Job völlig zufrieden und können sich nicht vorstellen, Ihre lieb gewonnen Kollegen zu verlieren. Machen Sie sich bewusst, dass es für Entscheidungen keine perfekte Lösung gibt. Nie. Denn jede Alternative hat ihren Preis. Treffen Sie vor diesem Hintergrund Ihre Wahl, machen Sie es sich nicht nur leichter, sondern werden mit einer Lösung, die für Sie schlicht okay ist, auch zufriedener sein.
Strategie Nr. 5: Das Ablenkungs-Manöver "So, liebe Kandidatin, wer soll den nun dein Herzblatt sein? Der witzige Charmeur mit dem Haus am See oder lieber der smarte Anwalt mit der sexy Stimme? Jetzt musst du dich entscheiden" – denn lange werden die beiden Eisen im Feuer nicht mehr glühen. Doch hören Sie nicht auf "Herzblatt-Susi", sondern zerstreuen Sie lieber Ihre Gedanken. Bei einem Segeltörn, einem Städtetrip mit den Süßen oder der Planung einer großen Party. Komplexe Entscheidungen trifft man so am besten, erkannten Psychologen der Universität im niederländischen Nijmegen: Das Unterbewusste hat Raum zum Arbeiten und genug Zeit, sich langsam mit den Möglichkeiten vertraut zu machen. Oft trifft uns die Lösung dann schlagartig. Beim Fernsehen, an der Bushaltestelle oder zwischen den besten Freunden auf der eigenen Party.
Strategie Nr. 6: Die Fake-Liste Tolle Neuigkeiten: Ihr Partner erzählt abends beim Essen, dass er einen grandiosen Job am anderen Ende der Republik annehmen könnte. Und Sie sollen mit. Das hieße aber auch, den Job aufzugeben, die Freunde zurück und die Mutter alleine zu lassen. Zeit für die gute, alte Plus-und-Minus-Liste! Denn auch damit kommt man zu einer intuitiven Lösung – sofern man ehrlich mit sich selbst ist. Wägen Sie also das Für und Wider auf einem Blatt Papier ab, am besten mit persönlichen Präferenzen: Jedes Argument bekommt einen Wert zwischen 0 (hat kaum Einfluss) und 5 (sehr wichtig). Welche Spalte mehr Punkte hat, ist der Sieger. Oder? Nicht unbedingt: Lassen Sie das rationale Ergebnis auf sich wirken, werden Sie spüren, ob auch der Bauch mit der Entscheidung zufrieden ist.
Sie können sich immer noch nicht entscheiden? Drei Tricks haben wir noch: Bedenken Sie, dass einen die auf den ersten Blick falsche Alternative auch auf den richtigen Weg bringen kann. Und sollten Ihre gefällte Entscheidung doch noch über den Haufen werfen, liegen Sie in einer sich ständig drehenden Welt sogar im Trend. Hauptsache, Sie legen sich erst mal fest. Denn: "Wir bereuen nur das, was wir nicht getan haben", sagt Marcel Proust.